Sebastian Böhm
 
 
 

 
Schritte auf dem Weg zu einer eigenständigen malerischen Position zeigt derzeit der Trierer Kunstverein "Junge Kunst". In der vereinseigenen Galerie in der Karl-Marx-Straße werden Gemälde und Plastiken des 1972 in Berlin geborenen Malers Sebastian Böhm gezeigt. "Die Kinder werden heute später jung als ihre Väter", wunderte sich dereinst Erich Kästner, und das mag man glauben angesichts der sanften, bisweilen etwas blassen Farbräume dieser Schau, in denen sich eher das zarte Gesicht des jungen Künstlers wiederfindet denn jugendbewegter oder gar himmelstürmender Aufbruch einer nachwachsenden Malergeneration.
Mit junger Kunst haben diese ausdrücklich als Form- und Farbübungen apostrophierte Arbeiten nun wirklich wenig zu tun, abgesehen vom jugendlichen Alter ihres Schöpfers. Sebastian Böhm, der heute der Ateliergemeinschaft am Trierer Paulusplatz angehört, in der auch "fortgeschrittene" Künstler wie Ramboux-Preisträger Werner Müller arbeiten, setzt sich neben der Malerei mit der Bildhauerei. auseinander. Aber auch den ausgestellten Plastiken, alles gegenständliche Übungen aus der Formenwerkstatt, die zumindest von der Materialästhetik her interessant sind, ist mit dem Hinweis der Veranstalter, sie auf keinen Fall als Abbild oder Gleichnis mißzuverstehen, kaum gedient. Selbständige Atmung täte ihnen gut. So ähneln die an der Wand aufgehängten Boxhandschuhe aus Sackstoff Schneiderpuppen, deren formgebende Existenz Grundlage für spätere Individualität ist. Überhaupt: Interaktion zwischen Kunstwerk und Betrachter könnte auch sonst nicht schaden etwa bei jenem Sandsack, der Kunstfreunde mit weniger formaler Disziplin, aber unbekümmerter Phantasie geradezu provoziert, sich daran die Knöchel wund zu boxen.
Zwischen Rembrandt und Warhol bewegt sich Sebastian Böhm endlich mit einer wandfüllenden gemalten Portrait-Serie. Da nun wird die sich selbst genügende Form- und Farbübung wirklich sinn- weil geschichtslos. Man kann jederzeit unbeschadet ein Gesicht - sprich eine Seele darin - umrißlos durch Farbe vergegenwärtigen. Indes ein Gesicht als Platzhalter für Farbexperimente - das bringt weder künstlerischen noch menschlichen Gewinn.

 

Eva-Maria Reuther, Trierischer Volksfreund, 15. Mai 1997

 
         
04.05.2021 14:58:15 © Sebastian Böhm, 2021