Sebastian Böhm
 
 
 

 
Trier - deine Künstler: Sebastian Böhm

In der neuen Reihe “Trier – deine Künstler” zeigt 16vor, was Trier künstlerisch zu bieten hat. In Form von Fragebögen, ähnlich wie beim “Kunst Kombinat Trier” von Laas Koehler, werden sich ab heute regelmäßig hiesige Kunstschaffende vorstellen. Ziel ist es, mit der Zeit einen umfassenden Überblick über die Trierer Kunstszene zu schaffen. Den Anfang macht Sebastian Böhm. Bitte, Herr Böhm: “Im Grunde habe ich nie aufgehört, zu malen”, erklärt der gebürtige Berliner, wie er zur Kunst kam. Erste Ölbilder hat er bereits mit etwa 12 Jahren gemalt, zur gleichen Zeit auch selbstverantwortlich ein großes Bühnenbild. Wie er heute arbeitet, kann man unter anderem noch bis zum 29. August in der Gemeinschaftsausstellung “1977″ in der Europäischen Kunstakademie sehen.

Wie kamen Sie zur Kunst?

Im Grunde habe ich nur nie aufgehört, zu malen. Als Kind war ich immer herausgehoben, auch in der Schule. Erste Ölbilder vielleicht mit 12 Jahren, selbstverantwortlich großes Bühnenbild gemacht etwa zur gleichen Zeit. Irgendwann in den 80ern auch zum Akt- und Objektzeichnen bei Udo Babusch (Johannisstraße). 1993 hat mein Vater mich Werner Müller im Atelier am Paulusplatz vorgestellt. Danach war das sofort klar. Das wurde mein erstes Atelier, zusammen außerdem mit Bernd Sauerborn und Christoph Jakobs.

Gibt es Künstler, die Sie inspirieren/inspiriert haben?

Ich interessiere mich für alle Kunst, die Wahrnehmungsfragen mitbehandelt. So ist natürlich klar, dass ich mich zum Beispiel mit Leuten wie Dürer, Rembrandt, Cranach, ter Borch, auch Monet, Turner, Redon oder gerade Cézanne auseinandergesetzt habe. Mich inspiriert, wenn man das so nennen mag, die visuelle Wahrnehmung. Das Auge als Teil des Gehirns und das größte aller Sinnesorgane, das Gedächtnis.

Autodidakt oder Ausbildung/Studium?

Autodidakt. Ich hatte Kontakt zur Düsseldorfer Akademie, das hat mir schnell klar gemacht, dass ich nicht Kunst mache, um anderer Leute Pläne zu erfüllen. Ich wusste immer selbst, was mich interessiert, also auch was ich lernen muss. Natürlich bin ich vielen Menschen dankbar, dass ich mir ihre Gedanken zu eigen machen konnte. Da war auch mal ein Professor darunter.

Gibt es ein Kunstwerk, das Sie bewundern?

Ein einzelnes Kunstwerk herauszustellen, kann ich nicht. Die letzte Arbeit, bei der mein Kopf hochgefahren ist, war eine colorierte Zeichnung in einer Austellung in Metz. Vier Portraits von Soldaten des 1. Weltkrieges mit schweren Gesichtsverletzungen. Die Realität von 1917 hatte die Gesichter zerstört und wieder zusammengesetzt. Der Künstler hat ganz einfach gedacht und so nah wie möglich Details und Gesamtheit dieser Menschen abgebildet. Der Wahnsinn war schon da, in Reala, während dieser Künstler nur Zeichner und Colorist sein wollte.

Mit welcher/n Technik/en arbeiten Sie?

Ich nutze Technik und Handwerkszeug und setze sie zusammen, wie ich sie gebrauchen kann. Sicher mehr alte Techniken, wenig digital: Öl, Hautleim-Grundierungen, Kohle, Tusche, Glas, auch Ätz-Radierung, aber bald auch Algrafie für eine Auflage eines originalgrafischen Buches. Material ist mehr als nur ein Mittel.

Was gibt Ihnen Kunst?

Ich kann eine mir selbst verbindliche Ordnung herstellen.

Was ist ihr künstlerischer Antrieb?

Siehe oben. Glück durch große Kontrolle, in meinem eigenen, aber offenen System.

Können Sie von Ihrer Kunst leben?

Zur Zeit verdiene ich ausreichend Geld als Künstler.

Wie beurteilen Sie die Künstlerszene in Trier?

Eher beschreibend als beurteilend würde ich behaupten, dass in Trier und der Region einige sehr ernsthafte Künstlerinnen und Künstler arbeiten. Oft unterschätzt sind sie deswegen begrenzt in ihrer Wirkung.

Wie lässt es sich in Trier als Künstler arbeiten?

In Trier kann ich monatelang im Atelier stehen, ohne irgendeinen Einfluss von irgendwem, außer mir selbst. Und wenn ich Aktion in einer anderen Stadt will, fahre ich hin. Die Ruhe in Trier ist gut. Hier riecht wenig nach Kunstmarkt. In Dresden sind einmal an einem Tag drei Galeristen in den Ateliers rumgelaufen. Und die Dresdner gehen nach Berlin oder Leipzig, weil sie das Gefühl haben, in Dresden sei nichts zu machen. Von den Tälern der Ahnungslosigkeit ist das Moseltal das größere.

Wo kann man Ihre Werke sehen?

Zur Zeit hängt der “Moabit-Block”, eine Serie von sieben Malereien in der Ausstellung “1977″ in der Kunsthalle der Europäischen Kunstakademie, noch bis Ende August. Eine Arbeit aus dem “Qualia-Block” ist zu sehen in der Tuchfabrik Trier (Ausstellung der diesjährigen Artothek). Ein großes Holzobjekt als Rauminstallation steht zur Zeit im Flusslauf der Lahn bei Bad Laasphe (NRW), solange die Lahn es dort stehen lässt.

Wo würden Sie gerne mal ausstellen?

Ein Privileg ist, in spannenden Städten auszustellen, in Räumen, die ich selber einrichten kann. Vielleicht würde ich gerne an einem Ort austellen, an dem zur Ausstellungseröffnung gleichzeitig Polarlichter zu sehen sind. Dunkel, kalt, einsam und sauschön.

 
Interview in: 16vor.de - Onlinezeitung, 18. August 2012

 
         
04.05.2021 14:58:15 © Sebastian Böhm, 2021